Lafontaines Anfänge als Romancier

Lafontaines Anfänge als Romancier. Liebeskonzeption und Gattungsfragen in Die Gewalt der Liebe (1791–1794 und 1797). In: August Lafontaine (1758–1831). Ein Bestsellerautor zwischen Spätaufklärung und Romantik. Hg. von Cord-Friedrich Berghahn und Dirk Sangmeister. Bielefeld 2010 (Braunschweiger Beiträge zur deutschen Sprache und Literatur 12), 81–109.

August Lafontaines erstes belletristisches Erzählwerk „Die Gewalt der Liebe“ enthält eine Sammlung von rund einem Dutzend kürzerer bis mittellanger narrativer Werke, die allesamt „eine Moral in Beispielen für Liebende“ geben wollen, so die Vorrede. Irrtümer und Widrigkeiten im affektiven Leben Liebender gehen in Lafontaines Exempeln generell darauf zurück, dass der Verstand auf die Domäne des Herzens übergreift. Solche Fälle liegen vor, wenn „Achtung“ oder „Dankbarkeit“, aber auch „Eitelkeit“ die wesentlichen Motive sind, Liebe in einem Partner zu erzeugen. Gelegentlich handelt es sich um übermächtig werdende Einflüsse aus der Religion oder der Literatur, wenn das affektive Leben in den Irrtum abgleitet. Mitunter kann es aber auch dazu kommen, dass die leidenschaftliche Sprache des Herzens durch den Verstand korrigiert werden muss. – Mit zwei aus dem Frz. übersetzten Erzählungen spielt Lafontaine ausdrücklich zwei gattungsgeschichtliche Traditionen ein, zum einem den „conte moral“ in Form eines Beispiels von J.-F. Marmontel, der aus der Tradition der frz. Moralistik und also aus einem ganz anderen geistesgeschichtlichen Zusammmenhang als aus dem der Empfindsamkeit kommt, zum andern eine als Original nicht weiter bestimmte „histoire tragique“ aus der Tradition der Novellistik M. Bandellos, die unter dem Titel „Liebe und Eifersucht“ Lafontaines erstes Erzählwerk sogar einleitet.