Johann Rist auf zwei Fürstenhochzeiten: Glückstadt 1643 und Celle 1653. In: Johann Rist (1607–1667). Profil und Netzwerk eines Pastors, Dichters und Gelehrten. Hg. von Johann Anselm Steiger und Bernhard Jahn in Verbindung mit Axel E. Walter. Berlin / Boston 2015 (Frühe Neuzeit 195), S. 71–108.
Erneuter Beitrag über den Pastor und Dichter Johann Rist im literarischen Feld. Diesmal geht es um zwei Fälle, in denen Rist erstmals für den regierenden Adel arbeiten kann. Den Eingang in diese hohen Ränge hat der Poet aus Wedel vielleicht über den Reichsgrafen Christian von Pentz erhalten. 1643 schlossen Herzog Friedrich, der zweite Sohn des dänischen Königs Christian IV., und Sophia Amalia von Braunschweig-Lüneburg die Ehe. 1653 heiratete der regierende Herzog Christian Ludwig zu Braunschweig-Lüneburg die Prinzessin Dorothea aus dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg. Das Epithalamium von 1643 ist nicht nur Hochzeitsgedicht, sondern zu einem erheblichen Teil auch, wie im Titel (des ersten Teils) ausdrücklich mitvermerkt, „Lob-Rede“. Die Laudatio wendet sich, wie nicht anders zu erwarten, zunächst an den Bräutigam, für den qua Herzog aus dem regierenden Haus auch das seinerzeit in Schwang kommende Theorem von den zwei Körpern des Königs in Anspruch genommen wird. Vor allem aber richtet Rist das Gewicht seiner Lobrede auf Christian IV. und dessen „Gottesfurcht“. Der zweite Teil des Epithalamiums von 1643 stellt nun den gesamten Verlauf des mehrtägigen Festaktes in wenigen entscheidenden Stationen selbst dar. Von einer durchschnittlichen Erzählung ist allerdings nicht zu reden, Rist lässt vielmehr Schauplätze, Szenerien, Schiffe, Gebäude persönlich auftreten; er gibt in diesem Part des Hochzeitsgedichts die Simulation eines Festspiels. Ein tatsächliches Festspiel konnte nicht abgehalten werden, weil die prekäre Lage des Bräutigams, der sich als Erzbischof von Bremen und Verden zur Ehelosigkeit verpflichtet hatte, auf dergleichen zu verzichten anriet. – Den Auftrag über das Epithalamium der in Celle stattfindenden weiteren Eheschließung wird Rist erhalten habe, weil der Hochzeiter von 1653, Christian Ludwig, zehn Jahre vorher seine Schwester nach Glückstadt begleitet und dort offenbar ein sehr positives Urteil über den Wedeler Pastor gewonnen hatte. Das diesmal nicht als ‚Hochzeitliche‘, sondern als „Vnterthänigste Lobrede“ daherkommende Epithalamium unterscheidet sich von dem seinerzeitigen vor allem dadurch, dass hier eine frühere Ehescheu des Bräutigams thematisiert und mit der Autorität des ermahnenden Geistlichen korrigiert wird. Wichtig am Fall 1653 ist noch Rists überraschende Parteinahme im Konflikt zwischen dem Rat der Stadt Lüneburg und dem Landesfürsten, in dem der Poet aus Wedel sich für die (absolutistische) Zentralgewalt stark macht.